24.09.2024   •   8 Minuten Lesezeit

Landvergnügen-Gründer Ole Schnack: "Die Landwirte freuen sich auf frischen Wind auf dem Hof"

Eine spannende Episode wartet – jetzt reinhören!

Zum Nachlesen: Das komplette Transkript der Episode

Peter Heinrich: Herzlich willkommen zum neuen Podcast. Ich grüße jetzt den Ole. Servus.

Ole Schnack: Ja, hallo.

Peter Heinrich: Jetzt traue ich mich gar nicht fragen. Auf deinem Namensschild steht Ole Schnack. Lass uns einen Schnack machen.

Ole Schnack: Nein, das ist mein echter Name. Den habe ich meinen Eltern zu verdanken. Mein Vater hat den Nachnamen mitgebracht und meine Mutter den Vornamen. 

Peter Heinrich: Und mein Name ist Peter Heinrich. Wir treffen uns 20 Meter weit vom Stand von Landvergnügen entfernt hier in Düsseldorf auf der Caravan. Landvergnügen – lass uns doch mal einsteigen in das Vergnügen. Die Idee ist ja relativ simpel: Ich fahre zum Bauern und darf da stehen.

Ole Schnack: Ziemlich simpel, genau. Das, was ich schon als kleiner Junge gemacht habe, mit einem Zelt ausgestattet und einem Fahrrad unterwegs, einfach mal durchs Land fahren und beim Bauern anfragen: „Kann ich mich mit meinem Zelt da hinten bei dir auf die Wiese stellen?“ Das habe ich früher gemacht und mittlerweile ist das ein richtig großes Netzwerk geworden. Und ich fahre nicht mehr mit dem Zelt durch die Gegend und mit dem Fahrrad, sondern wir fahren mit einem Wohnmobil. Wir haben uns mit Bauernhöfen unterhalten in Deutschland und Österreich. Mittlerweile sind es 1.500 Bauernhöfe in Deutschland und 500 in Österreich. Wir haben die gefragt, wohl wissend, dass sie keinen Campingplatz haben: „Liebe Leute, ihr wohnt so schön hier draußen auf dem Land und ihr produziert so tolle Sachen. Kann man euch nicht mal besuchen, wenn man ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen hat?“ Und diese Bauern haben gesagt: „Ja klar, kommt vorbei, stellt euch zu uns hin, wir zeigen euch, was wir machen.“ 

Peter Heinrich: Wer hatte die Idee? 

Ole Schnack: Die Idee letzten Endes kommt aus Frankreich. Die kommt nicht von mir. Die Franzosen haben das vor 30 Jahren erfunden, das heißt France Passion: Man übernachtet auf landwirtschaftlichen Betrieben. In Frankreich sind das vor allem Weingüter. Wir Deutschen haben nicht so viele Weingüter. Wir haben so einen Gürtel von der Mosel bis zum Saale‐Unstrut‐Tal, da gibt es unglaublich tolle Weingüter, die man besuchen kann. Aber im Norden oben gibt es keinen Wein. Aber dafür haben wir Züchter schottischer Hochlandrinder, Straußenfarmen, Brauereien, Käsereien, Brennereien. Es ist sehr vielfältig, was man da auf dem Land findet.

Peter Heinrich: Wie funktioniert das denn? Von den 2.000 Landwirten – wie viele kennst du persönlich? Bist du alle 2.000 angefahren? 

Ole Schnack: Ich habe ja um mich herum ein Team von 15 Leuten und wir kennen alle. Wir haben mit allen telefoniert, wir haben mit allen geredet. Persönlich gesehen – Face‐to‐face – kann ich nicht 2.000 Höfe anfahren. Dafür habe ich dann ein „Landvergnügen Botschafternetzwerk“ aufgebaut. Das sind 100 Botschafterfamilien, die die Höfe anfahren, mit denen in Kontakt stehen und schauen, wie es denen geht. Wir sind nah dran an unserem Produkt, wir sind ganz nah dran an diesen Bauernhöfen in dem Netzwerk und kümmern uns darum. Ich persönlich kenne vielleicht Face‐to‐face 100, 150 Bauern.

Peter Heinrich: Was mir sofort am Anfang aufgefallen ist: Da kann man kostenfrei eine Nacht stehen, 24 Stunden. Warum kostenfrei? Warum verlangen die nicht einfach eine kleine Gebühr, 10 Euro oder sowas? 

Ole Schnack: Die Idee hinter France Passion, diesem Gastgebernetzwerk, das die Franzosen entwickelt haben, ist so: Stellplatz gegen Einkauf im Hofladen. Das ist im Prinzip der Mehrwert, den der Hof wirtschaftlich hat und genauso machen wir das auch. Der Hintergrund ist ein rechtlicher, ganz simpel. Die Höfe betreiben ja keinen Campingplatz, sondern einen Hofladen und einen landwirtschaftlichen Betrieb. Und die können zur Förderung der Ab Hof Vermarktung kostenfrei einen Stellplatz für eine Nacht zur Verfügung stellen.

Peter Heinrich: Also rein rechtlich, ansonsten bräuchten sie alle möglichen Auflagen …

Ole Schnack: Genau, und dann lohnt sich das Ganze für die überhaupt nicht mehr. Wenn man einen Stellplatz aufmachen will, einen richtig offiziellen, wenn man Geld nehmen will, dann lohnt sich das so ab 20 Stellplätzen, sagt der deutsche Tourismusverband. Und das wollen die Bauern nicht machen. Die haben primär ihre Landwirtschaft im Auge, sind stolz auf das, was sie da machen und freuen sich, den Reisenden einen Einblick zu geben. Sie sind Landwirte und zeigen gerne, was sie da machen und freuen sich über frischen Wind auf dem Hof. Und nebenbei sind das dann alles Kunden, die dann im Hofladen einkaufen.

Peter Heinrich: Okay, schöne Idee. Für wen ist das eigentlich was? Für den Reisenden, der sagt: „Jetzt habe ich eine Strecke vor mir einmal quer durch Deutschland, da gehe ich mal zum Bauernhof“? Oder ist es so eine Art Relaxen, Rechargen, also zum Aufladen der eigenen Energie? Ist das so gedacht? Oder wer Kinder hat natürlich – dann sieht man Kühe, die nicht lila sind und kann mal vielleicht irgendwelche anderen kleinen Tiere streicheln.

Ole Schnack: Ja, das hast du eigentlich schon ganz gut erkannt. Landvergnügen ist ein Netzwerk, ein System für die Menschen, die gerne eine Alternative zum Campingplatz suchen. Menschen, die abseits des Massentourismus stehen wollen, die keine Lust haben, mit 500 anderen Leuten in einer Reihe auf einem Parkplatz zu übernachten und zu sagen: „Das ist mein Urlaub“. Sondern Menschen, die die Region kennenlernen wollen, die draußen auf dem Land sein wollen, Genussmenschen, Menschen, die handwerklich hergestellte Nahrungsmittel zu schätzen wissen und für die das etwas Schönes ist, am Ort der Entstehung die Produkte kennenzulernen, die Menschen dahinter, die Natur kennenzulernen. Für die Menschen ist das was. Und natürlich ist es für Kinder toll, weil sie mitbekommen, wo die Lebensmittel herkommen. Also Milch und Käse kommen nicht aus dem Kühlregal, die Kuh ist auch nicht lila. Das ist echte Landwirtschaft und ein Kreislauf und es ist schön für Kinder, das zu verstehen, aber nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene. 

Peter Heinrich: Das ist, glaube ich, unheimlich wichtig auch für die Stadtkinder und für die, die sagen, dass Landwirtschaft stinkt. Wer keine Landwirtschaft haben möchte, der muss eigentlich aufhören zu essen. 

Ole Schnack: So sieht es aus. Die Bauern leben von und mit der Natur und ohne die Bauern hätten wir nichts im Kühlschrank. Und das muss einem eigentlich klar werden. In Zeiten, wo „Geiz ist geil“ bei vielen noch an der Tagesordnung ist – bei Lebensmitteln hört es halt auf. Lebensmittel haben einen Wert. Und wie kann man das als Erzeuger am besten kommunizieren? Durch Transparenz, indem ich zeige, was ich mache. Dann kriege ich ein Verständnis als Verbraucher und verstehe, dass Käse Geld kostet und Wein nicht im Tetrapack für 2 ,90 Euro zu kaufen ist.

Peter Heinrich: Ja und nein. Also ich kaufe persönlich auch sehr gerne bei uns beim Bauern ein. Wir haben da einen, der ist offiziell kein Biobauer, weil er sich das Zertifikat des Biobauerns nicht leisten kann, aber er ist bio.

Ole Schnack: Ja, davon haben wir auch viele.

Peter Heinrich: Und man kauft sich halt das schöne Fleisch beim Bauern. Es ist einen Tick teurer als im Aldi, aber dafür weiß ich, wo es herkommt. Und ich esse weniger Fleisch. Ich esse viel bewusster, was sehr schön ist. Und die Kartoffeln sind viel günstiger als die 2,5 Kilo beim Aldi hochgerechnet. Man kauft halt gleich einen 10‐Kilo‐Pack. Okay, wer zum Bauern möchte, zum Landvergnügen – wie funktioniert es denn?

Ole Schnack: Ganz einfach: Man geht in den Appstore seines Handys und sucht sich die Landvergnügen‐App, schaltet die frei – das kostet 69,90 Euro im Jahr. Dann hat man ein Jahr lang Zugang zu diesem Netzwerk und kann jeden Tag einen anderen Hof anfahren. Dann suche ich in der App den Hof raus, der mir gefällt, kann mich auch orten lassen. Wenn ich einen Hof gefunden, wo ich hinmöchte, rufe ich entweder da an und frage, heute für heute, heute für morgen – sehr spontan, so wie Wohnmobilfahrer unterwegs sind, immer dem guten Wetter nach. Oder es gibt so eine Kurzzeitanfrage digitaler Art. Und dann sagt der Bauer ja oder nein.

Peter Heinrich: Okay. Ole, pack doch mal dein Handy aus. Zeig mir das mal. Wie sieht das aus?

Ole Schnack: Na klar. Da machen wir mal die Landvergnügen‐App auf. Hier siehst du das.

Peter Heinrich: Also wir sind jetzt hier auf der Messe in Düsseldorf, aber ich würde nachher nach Berlin weiterfahren von Düsseldorf. 

Ole Schnack: Dann machst du hier deine Kartenansicht auf. Ich muss mal den Flugmodus ausschalten. Wir sind ja im Interview, da habe ich den Flugmodus angeschaltet. Jetzt lasse ich mich orten. Dann sehe ich, ich bin hier in Düsseldorf und nachher möchte ich nach Berlin fahren. Da fahre ich hier oben lang. Weiter als bis Münster möchte ich eigentlich heute nicht mehr fahren. Dann suche ich mir einen Hof raus … Holtermann in Senden, Nordrhein‐Westfalen. Dann sehe ich eine Beschreibung. Hier sind auch Fotos, muss erstmal laden, weil ich ja gerade den Flugmodus an hatte. 

Peter Heinrich: Ah ja, da sehe ich Symbole. Was sind das für Symbole?

Ole Schnack: Diese Symbole … Du siehst, der bietet drei Stellplätze an, ein bis maximal drei Stellplätze. Das heißt, du stehst in der Nacht mit maximal zwei anderen Gästen, quasi in Alleinlage, abseits des Massentourismus. Ich bekomme einen Einblick in den Produktionsbetrieb. 

Peter Heinrich: Das ist so ein Symbol mit Auge.

Ole Schnack: Also der Betrieb ist offen dafür, zu zeigen, was er macht. Die produzieren nach einer alten, traditionellen Weise ihre Produkte. Ich kann meinen Tagesmüll dalassen. Ich habe jetzt keinen Hund. Vielleicht hast du ja einen Hund …

Peter Heinrich: Ich habe keinen Hund, aber da ist ein Symbol mit Hund drauf. Und da ist ein Wassertropfen – ah, Frischwasser.

Ole Schnack: So, und jetzt kann ich da anrufen. Das ist einer von den Höfen, wo man anruft. Wenn ich jetzt eigentlich gar keine Lust habe anzurufen und das lieber über so eine digitale Kurzzeitanfrage machen möchte, dann gehe ich hier oben in so einen Filter rein auf meiner Karte.

Peter Heinrich: Guck mal, was da so alles möglich ist: Toilettenbenutzung möglich, Duschen möglich, Frischwasser, Tagesmüll, Zugang zum Strom, Wohnmobile, WLAN möglich. Ah ja, da gibt es viele Möglichkeiten.

Ole Schnack: Und jetzt zeige ich hier diese Kurzzeitreservierung, die klick ich mal an. Das ist ganz neu bei Landvergnügen digital. Viele kennen uns als Buch, wir sind jetzt aber eine App. Und dann gehe ich auf knapp 700 Höfe in Deutschland und suche mir einen Hof raus. Jetzt bin ich bei einem anderen, Gehöftoase.

Peter Heinrich: Da sieht man die Bilder.

Ole Schnack: Sehr schön. Und dann stelle ich eine Anfrage. Ja, guck mal, heute kann ich den besuchen. Zack, einmal das Datum ausgewählt, bestätigt.

Peter Heinrich: Und dann kriege ich eine Rückbestätigung? 

Ole Schnack: Und dann kriege ich eine Rückmeldung.

Peter Heinrich: Ist ja wirklich sehr einfach.

Ole Schnack: Ja, ist total einfach. Und schön. Dieser Hof hat jetzt zum Beispiel auch Strom und Duschen und Toiletten. Und jetzt kommt der Clou. Ich weiß nicht, ob ich es schon gesagt habe oder du hast es gesagt. Die App kostet 69,90 Euro im Jahr und du kannst ein Jahr lang kostenfrei bei den Bauern stehen. Kostenfrei? Ein Haken vielleicht? Nee, da ist kein Haken dahinter. Die Bauern laden dich ein. Und diese Gastfreundschaft geht so weit, dass man dort kostenfrei steht. Und als Zeichen meiner Dankbarkeit kaufe ich im Hofladen ein. Aber vielleicht auch einfach aus eigenem Interesse, weil ich natürlich nur dahinfahre, was mich interessiert. Und dann hast du dieses klassische Win‐win.

Peter Heinrich: Ich glaube, wenn man da steht, dann ist man auch ein bisschen moralisch verpflichtet, etwas einzukaufen. 

Ole Schnack: Genau, das gehört auch dazu.

Peter Heinrich: Aber man muss nicht.

Ole Schnack: Du musst nicht, nein. Wenn du da nichts findest, dann sagst du: „Hier finde ich nichts“. Es gibt keine Verpflichtung, da etwas zu kaufen. Aber wenn du etwas findest, dann kann es schnell passieren, dass du da mehr Geld lässt, weil du dich eindeckst mit den schönsten Sachen. 

Peter Heinrich: Ich glaube nicht, mit mehr. Ich müsste beim Campingplatz ja sowieso Geld bezahlen. Ich müsste sowieso vielleicht im normalen Supermarkt Aldi und Co. einkaufen. Wenn man das zusammenrechnet … Also ich vermute sogar, dass es günstiger sein könnte. 

Ole Schnack: Wahrscheinlich wird es sogar günstiger.
Peter Heinrich: Und das Erlebnis ist?

Ole Schnack: Einmalig. Es ist wunderschön. Also für mich ist es die schönste Art, ein Land kennenzulernen, weil du fährst von Hof zu Hof, lernst Menschen kennen, die Region kennen, du kommst mit den Leuten in Kontakt. Du bist nicht unter Touristen auf einem Campingplatz, sondern du bist mitten unter den echten Menschen und hast echte Erlebnisse da draußen. Und das bringst du mit nach Hause. 

Peter Heinrich: Ich freue mich schon. Ole, danke für den Schnack.

Ole Schnack: Ja, bitte schön.